Bericht erstellt unter maßgeblicher Mitwirkung von Prof. Dr. med. Siegfried Jedamzik, stv. Vorsitzender der DGG e.V.
Die Digitalisierung der Arztpraxen in Deutschland bringt zahlreiche Vorteile, etwa in Form eines schnelleren und effizienteren Zugriffs auf medizinische Fachdienste, mit sich. Dies erfordert eine sichere Anbindung der Praxen an das Internet. Diese Forderung besitzt allein deshalb schon höchste Priorität, da in Arztpraxen sensible Patientendaten gespeichert und verwaltet werden, auf die Berechtigte über das Internet remote zugreifen können sollen. Der Schutz dieser Daten ist von höchster Priorität. Gleichzeitig wird die Etablierung von Cyber-Sicherheit und Datensicherheit in Arztpraxen akuter und komplexer. In diesem Kontext ist die Anbindung von Arztpraxen an eine sichere Telematikinfrastruktur (TI) unerlässlich. Diese Studie hat das Ziel, den gegenwärtigen Sicherheitsstatus in deutschen Arztpraxen zu erheben, um auf diese Weise eine Reihe von dringenden Handlungsbedarfen innerhalb der Praxen sichtbar zu machen.
Gemäß heise online „wurden für CyberPraxMed 16 Arztpraxen ausgewählt, um Cyberrisiken und potenzielle Angriffsmöglichkeiten zu untersuchen. Dabei stellte das BSI schwerwiegende Sicherheitsmängel fest, darunter unzureichender Schutz vor Schadsoftware, mangelndes Patchmanagement und fehlende Back-ups. Alle Praxen betrieben den Konnektor zur Anbindung an die Telematikinfrastruktur neben einem gewöhnlichen Router, was seine Schutzwirkung beeinträchtigte. Des Weiteren waren sensible Patientendaten in keiner der Praxen durch Festplattenverschlüsselung geschützt. Die Praxen erhielten abschließend einen Projektbericht mit den identifizierten Schwachstellen, eine Risikobewertung und Handlungsempfehlungen.“
(Pressemitteilung des Europäischen Rats) Der Rat der EU und das Europäische Parlament haben eine vorläufige Einigung über einen neuen Rechtsakt erzielt, durch den der Austausch von und der Zugang zu Gesundheitsdaten auf EU-Ebene erleichtert wird. Die Einigung muss nun sowohl vom Rat als auch vom Parlament gebilligt werden.
Ziel der vorgeschlagenen Verordnung für einen europäischen Raum für Gesundheitsdaten (European Health Data Space, EHDS) ist es, den Zugang von Einzelpersonen zu ihren personenbezogenen elektronischen Gesundheitsdaten und ihre Kontrolle darüber zu verbessern. Gleichzeitig soll die Weiterverwendung bestimmter Daten für Zwecke des öffentlichen Interesses, der Unterstützung der Politik und der wissenschaftlichen Forschung ermöglicht werden. Im Vorschlag ist eine gesundheitsspezifische Datenumgebung vorgesehen, die dazu beitragen wird, einen Binnenmarkt für digitale Gesundheitsdienste und -produkte zu fördern.
Derzeit gibt es in der EU Unterschiede beim grenzüberschreitenden Zugang zu Gesundheitsdaten. Nach den neuen Vorschriften soll es beispielsweise möglich werden, dass ein spanischer Tourist eine Verschreibung in einer deutschen Apotheke abholt, oder dass Ärzte auf die Gesundheitsinformationen eines belgischen Patienten zugreifen können, der in Italien behandelt wird.
Nach monatelanger engagierter und harter Arbeit haben wir eine Einigung erzielt, die die Patientenversorgung und die wissenschaftliche Forschung in der EU entscheidend voranbringt. Die heute vereinbarten neuen Rechtsvorschriften werden es Patienten ermöglichen, überall in der EU auf ihre Gesundheitsdaten zuzugreifen. Zugleich werden sie der wissenschaftlichen Forschung aus wichtigen Gründen des öffentlichen Interesses eine Fülle sicherer Daten verschaffen, was der Entwicklung der Gesundheitspolitik in hohem Maße zugutekommen wird. Frank Vandenbroucke, Vizepremierminister und Minister der Sozialen Angelegenheiten und der Volksgesundheit
Einfacherer Zugang zu Gesundheitsdaten für Einzelpersonen
Nach den neuen Vorschriften werden Einzelpersonen einen schnelleren und einfacheren Zugang zu ihren elektronischen Gesundheitsdaten erhalten, unabhängig davon, ob sie sich in ihrem Heimatland oder in einem anderen Mitgliedstaat aufhalten. Darüber hinaus werden Bürgerinnen und Bürger mehr Kontrolle darüber haben, wie ihre Daten verwendet werden. Die EU-Länder werden verpflichtet, eine digitale Gesundheitsbehörde zur Umsetzung der neuen Bestimmungen einzurichten.
Größeres Forschungspotenzial
Außerdem werden Forscherinnen und Forscher sowie politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger dank dem EHDS auf bestimmte Arten sicherer Gesundheitsdaten zugreifen können. So können sie das enorme Potenzial der EU-Gesundheitsdaten nutzen und diese für die wissenschaftliche Forschung im öffentlichen Interesse auswerten.
Sicherstellung der Interoperabilität
Der derzeitige Grad der Digitalisierung von Gesundheitsdaten in den EU-Mitgliedstaaten ist unterschiedlich, was den Austausch von Daten über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg erschwert. Nach der vorgeschlagenen Verordnung müssen alle Systeme für elektronische Patientenakten (European Health Record Systems, EHR-Systeme) den Spezifikationen des europäischen Austauschformats für elektronische Patientenakten entsprechen, womit ihre Interoperabilität auf EU-Ebene gewährleistet wird.
Wichtige Elemente der vorläufigen Einigung
Mit der heute zwischen dem Rat und dem Parlament erzielten vorläufigen Einigung wird der ursprüngliche Vorschlag der Kommission in einer Reihe von Schlüsselbereichen geändert, unter anderem in Bezug auf
Nichtbeteiligung: Die Mitgliedstaaten können Patientinnen und Patienten die Möglichkeit geben, dem Zugriff auf ihre Daten – sei es durch den behandelnden Angehörigen der Gesundheitsberufe (Primärgebrauch) oder für anderweitige Verwendungszwecke (Sekundärnutzung, stets unter strengen Auflagen), mit Ausnahme für Zwecke des öffentlichen Interesses, Politikgestaltungs- und Forschungszwecke sowie statistische Zwecke – zu widersprechen;
eingeschränkt zugängliche Informationen: Wenn Patientinnen und Patienten sich für einen eingeschränkten Informationszugang entscheiden, können Angehörige der Gesundheitsberufe nur in Situationen von lebenswichtigem Interesse auf eingeschränkt zugängliche Gesundheitsdaten zugreifen;
sensible Daten: Die Mitgliedstaaten können strengere Maßnahmen für den Zugang für Forschungszwecke zu bestimmten Arten sensibler Daten, wie etwa zu genetischen Daten, einführen;
vertrauenswürdige Dateninhaber: Um den Verwaltungsaufwand zu verringern, können die Mitgliedstaaten vertrauenswürdige Dateninhaber einrichten, die Anträge auf Zugang zu Gesundheitsdaten sicher verarbeiten können;
klinisch signifikante Befunde: Wenn Forschende Zugangsstellen für Gesundheitsdaten über Befunde informieren, die die Gesundheit eines Patienten, dessen Daten im Zuge der wissenschaftlichen Forschung verwendet wurden, beeinträchtigen können, kann die Zugangsstelle für Gesundheitsdaten den vertrauenswürdigen Dateninhaber informieren, der seinerseits den Patienten oder den behandelnden Angehörigen der Gesundheitsberufe über diese Befunde unterrichten muss.
Nächste Schritte
Die vorläufige Einigung muss nun vom Rat und vom Parlament gebilligt werden. Anschließend wird sie nach Überarbeitung durch die Rechts- und Sprachsachverständigen von beiden Organen förmlich angenommen. Die Verordnung tritt 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft.
Hintergrund
Am 3. Mai 2022 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung zur Schaffung eines Europäischen Raums für Gesundheitsdaten (EHDS). Der Vorschlag behandelt den ersten von neun europäischen sektor- und bereichsspezifischen Datenräumen, die die Kommission in ihrer Mitteilung „Eine europäische Datenstrategie“ aus dem Jahr 2020 vorgestellt hat. Der Rat hat sich am 6. Dezember 2023 auf sein Verhandlungsmandat geeinigt.
Ziel des EHDS ist es, den grenzüberschreitenden Zugang zu und Austausch von Gesundheitsdaten zu erleichtern. So soll einerseits die Gesundheitsversorgung unterstützt („Primärnutzung von Daten“) und andererseits der gesundheitsbezogenen Forschung und Politikgestaltung (Weiterverwendung von Daten, auch als „Sekundärnutzung von Daten“ bezeichnet) eine bessere Informationsgrundlage verschafft werden. Der europäischen Raum für Gesundheitsdaten gilt als zentrale Säule der Europäischen Gesundheitsunion.
Laut einer Umfrage von BEUC (Europäischer Verbraucherverband) lehnen viele Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union es ab, Ihre Gesundheitsdaten mit Ärzten im Ausland zu teilen. Die repräsentative Umfrage in acht EU-Ländern, darunter Deutschland, zeigt deutliche Unterschiede dahingehend auf, welche Daten welchen Institutionen preisgegeben würden.
Die Mehrheit (61 Prozent) der Befragten habe beispielsweise kein Problem damit, allgemeine Informationen zum Gesundheitszustand, unter anderem zu Allergien und Krankheiten, zu teilen.
Knapp 70 Prozent wollen laut Umfrage aber keine Auskunft über Gewohnheiten wie Ernährung, Bewegung und Drogenkonsum geben. Genetische Daten oder Angaben zur sexuellen Gesundheit will kaum jemand teilen.
Die Bereitschaft, Daten zu teilen, hänge auch stark von Vertrauen ab: Ihrem Hausarzt würden 88 Prozent der Befragten ihre Daten anvertrauen, ihrer Versicherung nur 8 Prozent.
Hintergrund der Arbeit ist der Verordungsentwurf der EU-Kommission für den Europäischen Gesundheitsdatenraum (European Health Data Space – EHDS)“: Patienten könnten ihre Krankengeschichte, Testergebnisse oder Verschreibungen dann mit Krankenhäusern und Ärzten in der gesamten EU teilen. Europaparlament und die EU-Staaten müssen noch einen Kompromiss aushandeln.
Ein Arzt in Frankreich könne dann etwa die Krankengeschichte eines Portugiesen einsehen, der in Paris krank wird, und die richtigen Medikamente verschreiben, sagte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides vor genau einem Jahr. Unnötige Untersuchungen würden überflüssig. Das zweite Ziel des Vorschlags ist, dass Forscher, Industrie und öffentliche Institutionen das Potenzial der Daten nutzen können.
Executive summary: With the European Union institutions currently working to create a European health data space, which would allow the access and sharing of people’s health data across the EU, nine consumer organisations from eight EU countries have surveyed people to get a better insight on what they think about sharing their health data.
This survey sheds light on consumer attitudes and unveils what type of data they are willing to share, with whom and for what purpose (for provision of healthcare, for scientific research, or for public health reasons).
Our survey reveals that consumers are generally cautious about sharing their health data through online health platforms and want to decide for themselves what data they share and with whom.
Health data is rightly regarded as both extremely sensitive and of great value by all kinds of entities, from public health authorities and businesses to people themselves.
As a result, it is crucial that EU legislators respect consumers’ interests, and our evidence-based recommendations should provide food for thought at this critical juncture.
Das Art. 14 eHealth Netzwerk der EU-Kommission und der EU-Mitgliedsstaaten hat auf seiner 23. Sitzung in dieser Woche (29. März 2023) einen zentralen Richtungsbeschluss für die europaweite Implementierung elektronischer Gesundheitsakten (ePA, international EHR) gefasst:
Neue Anwendungsfälle für den EU-weiten Austausch von Gesundheitsinformationen werden verbindlich in HL7 FHIR implementiert.
Diese Entscheidung bildet zugleich einen wichtigen Mosaikstein für die Konkretisierung des erstmals von der EU-Kommission im Februar 2019 vorgeschlagenen europäischen Patientenakten-Austauschsformats. Dieser erste Vorschlag erfolgte in Form einer „Mitteilung“ und hatte damit zunächst nur empfehlenden Charakter.
Mit dem Inkrafttreten (voraussichtlich schrittweise ab 2025) der aktuell im Europäischen Rat und im EU-Parlament beratenen Verordnung über den Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) werden die Vorgaben des European Electronic Heathcare Record Exchange Formats (EEHRxF) [Mitteilung | Anhang – die Angaben zu FHIR werden mit dem aktuellen Beschluss weiterentwickelt] bzw. deren Weiterentwicklung dann im Kern verbindlich.
Der vom eHealth-Netzwerk angenommene Vorschlag beinhaltet, HL7 FHIR für den Austausch der neuen Anwendungsfälle (Laborberichte, Bilder/Bildberichte und Krankenhausentlassungsbriefe) zwischen den EU-Mitgliedstaaten zu verwenden.
Die bereits in knapp der Hälfte der Mitgliedstaaten verfügbaren Anwendungen (für den grenzüberschreitenden Datenaustausch) Patientenkurzakte (Patient Summary) und eRezept/eDispensierung (ePrescription/eDispension) sind allerdings bereits auf Grundlage des ebenfalls internationalen Standards HL7 CDA implementiert und sollen nach Stand der Dinge jedoch nicht verändert (d.h. in Richtung HL7 FHIR adaptiert) werden.
Gemäß dem Kurzbericht von Vincent Van Pelt wurde der o.g. Vorschlag mit Unterstützung von 23 der 27 EU-Länder angenommen. Den abschließenden Beratungen ging eine EU-weite Umfrage und die Erstellung eines zusammenfassenden Informationsdokuments voraus, beides in der Federführung der Untergruppe „Technische Interoperabilität“ des eHealth Netzwerks (bzw. der zwischengeschalteten Arbeitsstruktur eHMSEG, eHealth European Member States Expert Group). Hierbei wurden die Vor- und Nachteile der alternativen Versionen detailliert aufbereitet und auch die Nachteile einer Migration der bereits eingeführten HL7 CDA Implementierungen (Patientenkurzakte, eRezept) aufgezeigt.
Das Bundesministerium für Gesundheit hat gemeinsam mit zahlreichen Akteuren eine Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen und die Pflege erarbeitet.
Inhalte der Strategie sind neben einer Vision und Zielen für die Digitalisierungsvorhaben auch regulatorische Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für eine erfolgreiche Strategieumsetzung.
Bis zum Jahr 2025 sollen 80 Prozent der gesetzlich Versicherten über eine elektronische Patientenakte (ePA) verfügen. [Ebenfalls] bis Ende 2025 sollen 80 Prozent der ePA-Nutzer, die in medikamentöser Behandlung sind, über eine digitale Medikationsübersicht verfügen. Und bis Ende 2026 sollen mindestens 300 Forschungsvorhaben mit Gesundheitsdaten durch das neue Forschungsdatenzentrum Gesundheit realisiert werden. Das sind konkrete Ziele einer Digitalisierungsstrategie für Gesundheit und Pflege, die Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach vorgelegt hat.
Die Digitalisierungsstrategie hat das Bundesgesundheitsministerium über mehrere Monate gemeinsam mit Patientenvertretern und Akteuren des Gesundheitswesens entwickelt. Sie soll Orientierung dafür bieten, wie sich Versorgungsprozesse, Datennutzung und Technologien bis Ende des Jahrzehnts weiterentwickeln müssen, um Gesundheitsversorgung zu verbessern.
Zwei konkrete Gesetzesvorhaben folgen dieser Idee:
Das Digitalgesetz, das den Behandlungsalltag mit digitalen Lösungen verbessert.
Und das Gesundheitsdatennutzungsgesetz, mit dem Gesundheitsdaten für die Forschung erschlossen werden.
Die Gesetzesvorhaben im Einzelnen
Das Digitalgesetz
Bis Ende 2024 soll die elektronische Patientenakte für alle gesetzlich Versicherte eingerichtet werden (Opt-Out).
Das E-Rezept soll zum 1. Januar 2024 verbindlicher Standard in der Arzneimittelversorgung und die Nutzung stark vereinfacht werden (E-Rezept kann dann sowohl mit Gesundheitskarte wie mit ePA-App eingelöst werden).
Ungewollte Wechselwirkungen von Arzneimitteln sollen vermieden werden, indem – in enger Verknüpfung mit dem E-Rezept – die ePA für jeden Versicherten mit einer vollständigen, weitestgehend automatisiert erstellten, digitalen Medikationsübersicht befüllt wird.
Die Gesellschaft für Telematik (gematik GmbH) wird zu einer Digitalagentur in 100% Trägerschaft des Bundes weiterentwickelt und in ihrer Handlungsfähigkeit gestärkt.
Assistierte Telemedizin soll künftig in Apotheken oder Gesundheitskiosken angeboten werden können, insbesondere auch in unterversorgten Regionen.
Behandlungs-Programme (DMP) sollen um stärker digitalisierte Programme ergänzt werden.
Ein interdisziplinärerAusschuss, der u.a. mit Vertretern von BfDI, BSI, Medizin und Ethik besetzt sein wird, soll künftig die Digitalagentur bei allen Entscheidungen mit Empfehlungen zu Fragen des Datenschutzes, der Datensicherheit, derDatennutzung und der Anwenderfreundlichkeit beraten. Dies ersetzt den bisherigen Prozess der Einvernehmensherstellung mit BSI und BfDI.
Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG)
Eine zentrale Datenzugangs- und Koordinierungsstelle wird aufgebaut, die den Zugang zu Forschungsdaten aus verschiedenen Quellen (z.B. Krebsregister, Krankenkassendaten) ermöglicht. Die Verknüpfung unterschiedlicher Datenquellen wird über Forschungspseudonyme ermöglicht. Die Daten bleiben dezentral gespeichert.
Die federführende Datenschutzaufsicht für bundesländerübergreifende Forschungsvorhaben wird auf alle Gesundheitsdaten erweitert. D.h.: Die datenschutzrechtliche Aufsicht für länderübergreifende Forschungsvorhaben im Gesundheitswesen erfolgt dann nur noch durch eine/n Landesdatenschutzbeauftragte/n.
Das Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ) beim BfArM wird weiterentwickelt: Künftig soll auch die forschende Industrie dort Anträge auf Datenzugang stellen können. Entscheidend für die Anfragen ist der Nutzungszweck, nicht der Absender.
Die Datenfreigabe aus der elektronischen Patientenakte (ePA) wird vereinfacht, kann nutzerfreundlich in der ePA-App gesteuert werden (Opt-Out). Pseudonymisierte ePA-Daten sollen künftig zu Forschungszwecken automatisch über das FDZ abrufbar sein.
Wie bewerten Sie die Bemühungen zur Einrichtung eines European Health Data Space, wie es die EU-Kommission vorsieht.
Stellenwert, Entschiedenheit und Tragweite dieser Bemühungen können kaum überschätzt werden. Es handelt sich um eine der zentralen Initiativen, die im Rahmen der Krisenbewältigung (im Hinblick auf Covid-19) auf der europäischen Ebene zur Stärkung der Resilienz der Gesundheitssysteme und deren grenzüberschreitenden Zusammenarbeit betrieben werden.
Die dafür notwendigen Maßnahmen wurden beim Neuzuschnitt des mehrjährigen Finanzplans mit erheblichen Fördermitteln ausgestattet, quer über verschiedene Finanzinstrumente (Horizont Europa, CEF Digital, Digital Europe, EU4Health etc.) hinweg. Die Umsetzung dient perspektivisch nicht nur im engeren Sinne zur Pandemiebewältigung, sondern der zeitgemäßen digitalen Transformation der Gesundheitsversorgung und als Meilenstein auf dem Weg hin zu einer Europäischen Gesundheitsunion.
Die Potentiale eines europäischen Gesundheitsdatenraums (bzw. von -räumen) und damit verbunden eines „dritten Wegs“ (Datensouveränität von Bürger:innen und Patient:innen vs. einseitige staatliche oder industrielle Kontrolle) wurden 2020 im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft von der deutschen Bundesregierung und vielen weiteren Akteuren umfassend herausgestellt. Dies wurde auch bei der Anhörung kurz vorgetragen.
Bemerkenswert ist die Schaffung eines integrativen Gesamtrahmens für die „primäre“ und „sekundäre“ Datennutzung, all dies mit weitgehenden Mitwirkungsrechten für Bürger:innen und Patient:innen (und Beachtung der EU DSGVO). Die Gesamtheit dieser Entwicklungen muss in Hessen intensiv beobachtet werden, um den Anschluss nicht zu verlieren (umfassende Interoperabilität bei medizinischen Daten kann nur langfristig erarbeitet werden) und um vor allem bei der Festlegung zentraler Aspekte der Ausgestaltung mitzuwirken.
Die Hinweise der DGG e.V. richten sich im Besonderen auf den ausstehenden Anschluss von Deutschland inkl. Hessen an die MyHealth@EU-Infrastruktur eHSDSI, die dem Gesundheitsdatenraum zu Grunde liegt. Bereits im Vorfeld der neueren Entwicklungen wurden von der EU-Kommission (in den o.g. Finanzinstrumenten) umfassende Mittel für Aktivitäten der Mitgliedstaaten zum Anschluss an diese interoperable europäische Infrastruktur bereitgestellt. Es ist davon auszugehen, dass dies in den kommenden Jahren weiter forciert werden wird. Dies beitet auch eine Chance für Hessen: Nicht zuletzt durch den Frankfurter Flughafen suchen hier im Land, trotz der Binnenlage, viele EU-Bürger medizinische Hilfe. Hier könnten möglicherweise erhebliche Digitalisierungspotentiale und Synergien mit Hilfe von EU-Mitteln erschlossen werden: In den vergangenen Jahren wurde eine finanzielle Förderung an die MyHealth@EU-Strukturen auch an regionale Antragsteller vergeben. Dies könnte auf Nachfrage weiter ausgeführt werden.
Wie würden Sie die Errichtung einer unabhängigen Stiftung zur Verwaltung und Forschung der Gesundheitsdaten bewerten
Die europäische Datenstrategie und insbesondere der „Data Governance Act“ schaffen mit Data Intermediaries ein Rollenmodell, dass sich durch eine oder mehrere unabhängige Stiftungen zur Verwaltung und Forschung der Gesundheitsdaten sehr gut in die Praxis umsetzen ließe. Analoge Initiativen wurden bereits angedacht und sind weiter zu konkretisieren. Von daher wären weitere Analysen und konkrete Vorschläge zur Ausgestaltung der „Data Intermediary“ Rolle sehr zu begrüßen.
Ein weiteres Modell lebt Frankreich mit dem „Health Data Hub“ vor. Dort werden Plattformen geschaffen, auf denen geforscht werden kann, ohne dass die Daten an verschiedenen Stellen gespeichert werden müssen. Dieses Modell wäre bei der Vorbereitung einer solchen Stiftung ebenfalls zu prüfen.
Beim Datenaustausch in der erweiterten Versorgungskette für Herzinsuffizienz-Patient:innen (inkl. Selbstmanagement und Häuslichkeit) setzen Leistungserbringer:innen im deutschen Gesundheitswesen zunehmend auf international bewährte Standards für differenzierte und wiederverwertbare Dokumention und durchgängig interoperable Datenverarbeitung.
Insbesondere HL7 FHIR startet zunehmend in der Breite durch. 60 % der Ende 2022 im Umfeld Herzinsuffizienzversorgung Befragten weisen derzeit noch auf Implementierungsprobleme beim praktischen Einsatz von FHIR hin. Ebenfalls 60 % sehen beim Entwickeln von FHIR basierten Spezifikationen noch Herausforderungen beim Abstimmen mit anderen Fachorganisationen.
Der Arbeitskreis Digitale-Patient-Journey Herzinsuffizienz“ des Interop-Council (Leiter: Prof. Dr. med. Siegfried Jedamzik, stv. Leiter Dr. med. Stephan Schug – s. auch DGG-Vorstand) hat mit Hilfe einer bundesweiten Fachbefragung Kernelemente zum Status quo zentraler Interoperabilitätsmerkmale ermittelt:
60 % der Befragten weisen auf Implementierungsprobleme beim Einsatz von FHIR hin.
Gleich viele ( 60 %) sehen beim Entwickeln von FHIR basierten Spezifikationen Herausforderungen beim Abstimmen mit anderen Fachorganisationen.
Die Befragten haben bereits wichtige erste Schritte hin zu einer vollständig digitalen und durchgehenden interoperablenPatient-Journey vollzogen. Die Reise muss jedoch noch (viel) weiter gehen. Lesen sie hier unser Positionspapier mit konkreten Handlungsempfehlungen (Leitseite INA) für eine vollständig digitale Patient Journey.
(Dr. Stephan Schug) Erst einmal vielen Dank für die sehr interessante Stellungnahme meines Vorredners, die sehr aus der Praxis kommt. – Ich möchte jetzt aus der allgemeinen Perspektive der Digitalisierung noch einige Punkte ergänzen.
Es wird gefragt: Muss die Ausbildung in medizinischen und pflegerischen Berufen zukünftig angepasst werden? – Das ist definitiv der Fall. Auch wird schon seit Jahren gefordert, das breiter in das Medizinstudium aufzunehmen, um adäquat auf die neuen Techniken, über die wir bei den anderen Themenblöcken ausgiebig gesprochen haben, vorbereitet zu werden. Gerade die Pflegeberufe haben eine sehr hohe Verantwortung für eine bedeutungsvolle medizinische Dokumentation; denn die ganzen schönen interoperablen Patientenakten würden keinerlei aussagefähigen Daten enthalten, wenn nicht alle Berufe entsprechend ausgebildet würden, um die anspruchsvollen Dokumentationsaufgaben wahrzunehmen. Das muss entsprechend abgebildet werden.
Zu der Frage der neuen Berufsbilder kann man nur uneingeschränkt Ja sagen. Bezogen auf die Pflege ist im Rahmen der Akademisierung rund um die Pflegeausbildung, der Zusatzqualifikationen usw. schon einiges entstanden. Zum Bereich E-Health gibt es in Europa inzwischen über 100 Masterstudiengänge. Das alles ist in den letzten zehn bis 15 Jahren aus dem Boden geschossen. Das heißt, dieses Fach entwickelt sich sehr stark.
Auf der anderen Seite – um vielleicht die Perspektive bei diesen Berufen ein bisschen zu weiten – gibt es bei der neuen Art der Versorgung, die schon als Blended Care, als hybride Versorgung genannt wurde – das, was auch in den ländlichen Bereichen funktioniert, bzw. dort, wo man, salopp gesagt, die Versorgung auf dem Sofa beginnt –, inzwischen Sachen, bei denen sich Patienten über bestimmte Produkte, über Apps im Krankenhaus direkt anmelden. Das heißt auf Neudeutsch Onboarding. Dafür gibt es inzwischen sehr erfolgreiche Anbieter. Es muss aber noch jemand sowohl in der Administration des Krankenhauses als auch in den Pflegeberufen sein, der das aufnehmen kann.
Ich würde gerne noch einen Punkt loswerden. Man muss dabei auch bedenken – ich bin von einem Kollegen aus den USA sehr stark darauf gestoßen worden –: In den USA sollen jetzt gerade im Rahmen der Pandemie ziemlich viele Ärztinnen und Ärzte aufgrund des Phänomens des Burnouts ihren Beruf quittiert haben, und zwar insbesondere aufgrund eines digitalen Burnouts, weil sie völlig überfordert worden sind. Die Überexposition zu Zoom ist auch in anderen Bereichen bekannt. Aber gerade in den ärztlichen Berufen ist es zu einer massiven Überlastung gekommen, sodass in diesen Berufen die Arbeitsplätze und auch das Berufsfeld verlassen worden sind.
Deswegen habe ich in einer internationalen Initiative mit dem besagten Kollegen zusammen ein spezielles Lernmodul entwickelt, das sich an in der Informatikausbildung befindliche Personen richtet und das speziell einer Burnout-Prävention in diesem Bereich dient. Ich denke, ein Aspekt, den man berücksichtigen muss, ist die richtige Mischung – zum einen die berühmte Work-Life-Balance und zum anderen die Mischung in den Arbeitsplätzen, in der Ausbildung und letztlich auch in der Berufstätigkeit –, dass man nicht den ganzen Tag nur auf einen Bildschirm starrt und man die komplexen Dokumentationsaufgaben mit teilweise ungeeigneten Oberflächen lösen muss.
Beim Datenaustausch in der erweiterten Versorgungskette für Herzinsuffizienz-Patient:innen (inkl. Selbstmanagement und Häuslichkeit) setzen Leistungserbringer:innen im deutschen Gesundheitswesen zunehmend auf international bewährte Standards für differenzierte und wiederverwertbare Dokumention und durchgängig interoperable Datenverarbeitung.
Der Arbeitskreis Digitale-Patient-Journey Herzinsuffizienz“ des Interop-Council (Leiter: Prof. Dr. med. Siegfried Jedamzik, stv. Leiter Dr. med. Stephan Schug – s. auch DGG-Vorstand) hat mit Hilfe einer bundesweiten Fachbefragung Kernelemente zum Status quo zentraler Interoperabilitätsmerkmale ermittelt:
80 % der Befragten verwenden internationale Standards zum Datenaustausch.
HL7 FHIR belegt schon Platz 2 bei der Häufigkeit verwendeter oder zum Einsatz vorgesehenen Standards
Insgesamt werden HL7 Standards (HL7 v2.x, CDA und FHIR) von zwei Dritteln der Befragten genutzt.
Die Befragten haben bereits wichtige erste Schritte hin zu einer vollständig digitalen und durchgehenden interoperablenPatient-Journey vollzogen. Die Reise muss jedoch noch (viel) weiter gehen. Lesen sie hier unser Positionspapier mit konkreten Handlungsempfehlungen (Leitseite INA) für eine vollständig digitale Patient Journey.
(Dr. Stephan Schug) Es wurde schon angedeutet: Wenn wir die Telemedizin einbeziehen, die Videosprechstunde einbeziehen, die DiGAs einbeziehen, die ganzen Lehrvideos über YouTube für alles Mögliche einbeziehen, ist die alte Idee vom schlecht versorgten ländlichen Raum in diesem Bereich sicher zu relativieren.
Ich möchte gezielt auf zwei Punkte eingehen. Zum einen habe ich heute überhaupt noch nicht den sonst in Veranstaltungen immer gerne gehörten Hinweis darauf vernommen, dass Corona einen Schub für die Digitalisierung ausgelöst hat. Für Deutschland berichtete die Kassenärztliche Bundesvereinigung [vor COVID-19] in einem Jahr von 1.000 Videokonsultationen, und im nächsten Jahr sind es 300.000. Es hat also eine massive Veränderung stattgefunden. Natürlich soll nicht alle Versorgung aus der Distanz stattfinden. Nichtsdestotrotz wurde da quasi eineHemmschwelle überwunden.
Gerade Psychotherapie findet auch heute noch zu einem hohen Anteil per Videosprechstunde statt. Das ist sicher nicht für alle Klienten gut, aber da erwarten auch den ländlichen Bereich die entsprechenden Möglichkeiten. Die DiGAs, die Digitalen Gesundheitsanwendungen, stehen auch überall zur Verfügung und sind im Grunde genommen, wenn man so möchte, in das Handy verpackte Behandlungsprogramme, sehr durchdacht und teilweise mit einer langen Vorgeschichte. Da wird Deutschland im Moment europa- und weltweit übrigens als führend wahrgenommen. Ich denke, das ist ein toller Ansatz, um auch die Versorgung im ländlichen Bereich zu verbessern.
Um mit etwas sehr Positivem zu schließen, was bundesweit und somit natürlich auch in Hessen gilt: Wir haben seit dem 01.01.2022 zum ersten Mal wirklich eine größere telemedizinische Leistung, nämlich die Telemedizin bei Herzinsuffizienz, also eine richtige echte Leistung der Regelversorgung, vom G-BA zugelassen, mit zehn oder elf Behandlungsziffern. Da macht dieser Bereich große Fortschritte.
„digital-verbunden“ sollten Leistungserbringer:innen und Herzinsuffizienz-Patient:innen im deutschen Gesundheitswesen sein. Medienbrüche in der erweiterten Versorgungskette – inkl. Selbstmanagement von Patient:innen – sind zu vermeiden.
Der Arbeitskreis Digitale-Patient-Journey Herzinsuffizienz“ des Interop-Council (Leiter: Prof. Dr. med. Siegfried Jedamzik, stv. Leiter Dr. med. Stephan Schug – s. auch DGG-Vorstand) hat mit Hilfe einer bundesweiten Fachbefragung Kernelemente zum Status quo zentraler Interoperabilitätsmerkmale ermittelt:
Digital Verbunden: 4/5 der Befragten gaben an, existierende Standards zum Datenaustausch zu verwenden, teilweise gemeinsam mit ergänzenden und neuen Spezifikationen.
Die Befragten haben bereits wichtige erste Schritte hin zu einer vollständig digitalen und durchgehenden interoperablenPatient-Journey vollzogen. Die Reise muss jedoch noch (viel) weiter gehen. Lesen sie hier unser Positionspapier mit konkreten Handlungsempfehlungen (Leitseite INA) für eine vollständig digitale Patient Journey.
Beim Datenaustausch in der erweiterten Versorgungskette für Herzinsuffizienz-Patient:innen (inkl. Selbstmanagement und Häuslichkeit) setzen Leistungserbringer:innen im deutschen Gesundheitswesen zunehmend auf international bewährte Standards für differenzierte und wiederverwertbare Dokumention und durchgängig interoperable Datenverarbeitung.
Daraus ergibt sich entsprechender Fort- und Weiterbildungsbedarf für alle Beteiligten an der digitalen Versorgungskette Herzinsuffizienzversorgung. Entsprechend wird der – bislang zur teilweise gedeckte Bedarf – an spezialisierten Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen von der Mehrzahl der Befragten bejaht.
Der Arbeitskreis Digitale-Patient-Journey Herzinsuffizienz“ des Interop-Council (Leiter: Prof. Dr. med. Siegfried Jedamzik, stv. Leiter Dr. med. Stephan Schug – s. auch DGG-Vorstand) hat mit Hilfe einer bundesweiten Fachbefragung Kernelemente zum Status quo zentraler Interoperabilitätsmerkmale ermittelt:
62 % der Befragten bejahen den Bedarf für spezielle Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen zur Unterstützung der Dokumentations und Datenverarbeitungsanforderungen der digitalen Patient Journey.
Details zu wünschenswerten Inhalten liegen in ergänzenden Freitextangaben zur Umfrage vor. Entsprechende Angebote wurden und werden vielerorts aufgebaut.
Die Antworten lassen erkennen, dass die Befragten bereits mitten in der Umsatzung einer vollständig digitalen und durchgehenden interoperablenPatient-Journey stecken. Die Reise muss jedoch noch (viel) weiter gehen. Lesen sie hier unser Positionspapier mit konkreten Handlungsempfehlungen (Leitseite INA) für eine vollständig digitale Patient Journey.